Kriminaltheater an der Goetheschule: Tote Mücken werfen keine Schatten
Nebel steigt auf vom Dartmore River, einsam ragt Selford Manor aus der Landschaft empor und hinter den Mauern des englischen Herrenhauses ringt Lord Selford mit dem Tod. All seine Töchter, fünf an der Zahl, kehren zurück in ihr Elternhaus, des Vaters Tod erwartend. Besorgt um sein Leben? Mitnichten, wie der Zuschauer des Theaterstücks von Jürgen Stenzel schnell feststellt: Die Gier nach Geld ist es, die für ein Zusammentreffen der potentiellen Erbinnen sorgt. Dummerweise besagt der letzte Wille des Sterbenden, dass die zuletzt sich im Schloss aufhaltende Tochter Alleinerbin sein solle, und so setzt ein „munteres“ Ableben der eigentlich agilen Damen ein: tot in der Abtei liegt Agathie, Diana fällt dem „Aktionismus“ ihrer Schwester Leslie zum Opfer, Leslie fällt tot beim Verhör um und Deborahs Leiche wird im Fluss gefunden. So überlebt allein Virginia. Und wenn nun der kriminalistisch geneigte Zuschauer triumphiert und glaubt, die Täterin sei entlarvt, so irrt er gewaltig…..
„Gewaltig“ unterhaltsam war die Inszenierung dieses klassischen „Who´s done it?“ Stücks vom Kurs „Darstellendes-Spiel“ des 12. Jahrgangs der Goetheschule. Unter der Leitung von Alexandra Mahlmann debütierten die wandlungsfähige Laura Hennigs in einer Dreifachrolle als eher verhalten wirkende Töchter Agathie und Deborah und als berechnende Krankenschwester ebenso wie Saskia Jürges als herrlich zickige Diana, als dominante Geliebte des Lords sowie als sterbender Lord höchstpersönlich. In einer Zweifachrolle traten Sandra Much auf u.a. als hintergründig stille Leslie und Oskar Klinke als geldgieriger Bestatter Sir John sowie als Gärtner, der dem Sprichwort, der Gärtner sei immer der Mörder, alle Ehre macht. Mit des Gärtners Aktivitäten werden die Bemühungen Virginias, glaubwürdig dargestellt von Johanna Nagel als zielgerichtet handelnde Lady, zunichte gemacht. Ausgebremst wird ferner Dr. Scarletti, feinsinnig angelegt von Emre Kanber als genial-wahnsinniger Arzttypus. Würdig und gewichtig legte Tim Heitmüller die Figur des Butlers an, charmant dienstbeflissen Lena Marie Schrader ihre Rolle als Hausmädchen Olivia. Eine besondere Dynamik zeichnete das Ermittler-Duo aus: Dem zerstreut wirkenden Inspektor Luther Higgins, dessen aufmerksame Ermittlerfähigkeit Cihan Aygir nach und nach enthüllte, stand der machohaft agierende „law and order“ – Mann Aldus Raphhold, kraftvoll gezeichnet von Luca Everlien, zur Seite. Alles in allem zeigten die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler eine beachtliche Bühnenpräsens, die den zahlreich erschienen Zuschauerinnen und Zuschauern in der Aula der Goetheschule einen vergnüglich-schaurigen Abend bescherte. Abgerundet wurde das Theatererlebnis durch Niclas Magnussen, verantwortlich für Ton und Technik, Paul Ferdinand Kappey, verantwortlich für das Licht, sowie durch die Plakatgestaltung durch Alexander Lade.
Mit diesem besonderen Theaterabend wurde eine lieb gewordene Tradition fortgeführt, derzufolge der scheidende Abiturjahrgang sich mit einer beeindruckenden Schauspielerleistung von seiner Goetheschule verabschiedet.